Was ist ein Leistenbruch?
Ein Leistenbruch (Leistenhernie, hernia inguinalis) ist eine Ausstülpung (Bruchsack) des die Bauchhöhle auskleidenden Bauchfelles (Peritoneum) durch eine Schwachstelle der Bauchwand in der Leistenregion.
Äußere Hernie – okkulte verborgene Hernien
Eine äußere Hernie geht aus dem Bauchraum heraus und ist an der Oberfläche sichtbar. Aber Vorsicht: nicht jede Leistenhernie ist tatsächlich an der Oberfläche sichtbar (okkulte Hernien – erst durch Ultraschall sichtbar – siehe Abb.3). Gerade bei reichlich Fettgewebe im Leistenbereich werden Leistenbrüche leicht übersehen.
Interparietale Hernie (atypischer Leistenbruch)
Leistenbruch mit einem Bruchsack, der an untypischer Stelle zwischen den Muskeln und Faszien (Fascia transversalis, M. transversus abdominis, M. obliquus internus, M. obliquus externus) austritt:
- präperitoneale Hernie
- interstitielle Hernie
- extraaponeurotische Hernie
die mit einer normalen Leistenhernie auftreten können (zwei Bruchsäcke).
Inhalt des Bruches
In dem Bruchsack können Darm, Netz (Fettgewebe im Bauchraum), Eierstock (Ovar) und Blase enthalten sein. Ist der Bruchsack nicht komplett, sondern werden Anteile des Bruches durch Darm gebildet, spricht dies für eine Gleithernie.
Gleithernie indirekt
Bezeichnung direkter und indirekter Leistenbruch
Die Lokalisation der Bruchpforte bezeichnet den Leistenbruch (direkt – medial vom inneren Leistenring oder indirekt – im inneren Leistenring).
Gleitfähigkeit des Bruches = Reponibler versus nicht-reponibler Leistenbruch
Bei Entzündung und/oder Infektion tritt ein Verlust der Gleitfähigkeit des Bruchsackes und seines Inhaltes auf – es kommt zu einer Verklebung von Bruchinhalt und Bruchsack (hernia accreta). Der Leistenbruch ist nicht mehr reponibel, er lässt sich nicht mehr mit der Hand zurückdrücken.
Inkarzerierter Leistenbruch
Ernährungsstörung des Bruchinhaltes durch Strangulation des Darmes in der Bruchpforte sowie Passagestörung des Darmes mit Darmverschluss (Ileus) stellen eine Inkarzeration
Leistenregion
Die Leistenregion (regio inguinalis) kann man sich als ein Dreieck im Unterbauch beidseits vorstellen. An der unteren (kaudal) Seite grenzt die Leistenregion mit dem Leistenband (ligamentum inguinalis) an den Oberschenkel (Schritt), in der Mitte (medial) im Bereich der Schamregion an die gerade Bauchmuskulatur (M. rectus abdominis), und oben (kranial) an eine Linie zwischen Schambeinhöcker (tuberculum pubicum) und Darmbeinstachel (spina iliaca anterior superior).
Bedeutung des Leistenkanals
In der Leistenregion verläuft von oben seitlich (kraniolateral) nach unten zur Mitte (mediokaudal) der Leistenkanal, der beim Gesunden wie eine Schleuse durch
- den schrägen Verlauf
- Verschlussmechanismus am inneren Leistenring mit dem M. obliquus internus abdominis
- kräftige Fascia transversalis
dazu beiträgt, dass ein Leistenbruch verhindert wird.
Ziel einer Versorgung sollte daher, wenn möglich, die Wiederherstellung dieses Mechanismus sein.
Begrenzung des Leistenkanals
Die innere Öffnung des Leistenkanals (Tunneleingang, seitlich oben) wird gebildet vom inneren Leistenring (Anteile des M. obliquus internus abdominis), die äußere Öffnung des Leistenkanals vom äußeren Leistenring (Tunnelausgang, unten zur Schamregion) mit Anteilen der Aponeurose des M. obliquus externus abdominis. Tritt der Leistenbruch durch den inneren Leistenring aus, wird er als indirekter Leistenbruch bezeichnet, tritt er medial vom inneren Leistenring aus als direkter Leistenbruch.
Indirekte Leistenhernie – Bruchsack
Der Leistenkanal wird vorne begrenzt durch die Aponeurose (Sehnenplatte) des M. obliquus externus abdominis, hinten durch die Fascia transversalis (Schwachstelle Hesselbachsches Dreieck – muskelfrei), oben durch M. transversus abdominis und M. obliquus internus abdominis, unten durch das Leistenband (lig. inguinale).
Inhalt des Leistenkanals
Im Leistenkanal verlaufen beim Mann der Samenstrang (funiculus spermaticus), bei der Frau das runde Gebärmutterband (Ligamentum teres uteri oder L. rotundum), Nerven (Ramus genitalis des Nervus genitofemoralis, Nervus ilioinguinalis – Ursache von Schmerzen, Beschwerden), Gefäße (z.B. Aerteria testicularis, Arteria pudenda externa), Processus vaginalis (Aussackung des Bauchfelles, die sich bei etwa 70% der Säuglingen nach einem Jahr spontan verschließt).
Angeboren oder erworben
Der Defekt der Bauchwand in der Leiste kann angeboren (offener Processus vaginalis, meist indirekt) und/oder erworben (meist direkt, aber auch indirekt bei hohem Druck auf den inneren Leistenring) sein.
Ursache des Leistenbruches
Ursächlich für die Entstehung eines Leistenbruches sind erhöhter Druck im Bauchraum (Adipositas (Übergewicht) , Bronchialerkrankungen, Prostatavergrößerung, Obstipation (Darmstörung), Schwangerschaft, Aszites (Bauchwassersucht), Dickdarmverengungen) und eine Bindegewebsschwäche bei einem Missverhältnis zwischen Druck auf den Leistenkanal und Belastbarkeit des Leistenkanals. Dieses Missverhältnis kann auch durch besondere Tätigkeiten wie das Heben schwerer Lasten ausgelöst werden.
Risiken zur Entstehung eines Leistenbruches
Die Bindegewebsschwäche kann durch ein Missverhältnis im Kollagenstoffwechsel entstanden sein; es gibt Hinweise auf eine Beeinflussung durch Medikamente, Ernährung, metabolische Veränderungen, Rauchen, Alter, erbliche Faktoren, Trauma (Verletzungen wie stumpfes Bauchtrauma mit einem Fahrradlenker – „bicycle handlebar hernia“, Operationen wie Kaiserschnitt).